Die letzten Tage des Jahres werden runter gezählt. Ein Abschied steht
bevor, den wir hoffnungsvoll herbei sehnen in Erwartung besserer
Zeiten. Wieder ein Jahr gelebt, obwohl es mir dieses Jahr so vorkam
als hätte ich die meiste Zeit, wie in einer mit Watte gefüllten
Parallelwelt verbracht, verbracht mit Warten (und Prosecco). Wie in
einer Zeitschleife gefangen, surreal und aufwühlend. Mitunter sehr
emotional doch phasenweise taub und apathisch. Jedenfalls sozial
isoliert und depriviert. Nicht ohne Spuren in mir zu hinterlassen.
Doch wenn ich zurückblicke, stelle ich fest, dass es trotz dieser
einschneidenden Entwicklungen viele erstaunliche, wundervolle,
heitere, schillernde Erlebnisse gab. Dies verdanke ich in
aller-aller-allererster Linie meinen Freundinnen (Trommelwirbel,
Fanfare, Lametta für jede von euch!), vor allem aber den Reisen (!!),
die ich trotz der Widrigkeiten erleben durfte. Das Reisen hat mich
wahrlich am Leben gehalten und mir Lebensfreude geschenkt, mich das
Schöne am Leben wieder spüren lassen. Niemals vergesse ich den
befreienden, unfassbar dankbaren Moment, als ich endlich wieder
das Meer sehen, riechen, spüren konnte.
Wenn Neugierde pochend durch deine Adern fließt beim Begehen neuer
Orte, klopft das Herz heftig und der Kopf wird still.
Wenn du ehrfürchtig staunend in der Sixtinischen Kapelle stehst,
beeindruckt von der imposanten Präsenz der nächtlich beleuchteten
Engelsburg abends den Tiber entlang spazierst, an jeder Ecke
prachtvolle Statuen und Bauwerke deinen Blick verzaubern, du auf
geschichtsträchtigen Pflastersteinen behutsam und bewundernd einen
Schritt vor den anderen setzt, den Petersdom fasziniert im sagenhaften
Schein des Sonnenuntergangs versuchst in deinem Gedächtnis
abzuspeichern, im magischen Aberglauben ein Geldstück in die Fontana
di Trevi wirfst (damit du ganz sicher wiederkommen darfst) und einen
Hauch italienischer dolce farniente - Alltagskultur beim Trinken eines
Espresso und Genießen eines frischgebackenen, lauwarmen Cornetto im
Stehen an der Bar eines Cafés einatmest, wirst du Rom nie wieder
vergessen.
Wenn du durch die alten einzigartig gestalteten Arkadengänge flanierst, den Sarg des Heiligen Antonius (der Finder verlorener Dinge) bedächtig berührst, deinen heimlichen Wunsch aussprechend in der gläubigen Hoffnung auf Erfüllung, am leeren Platz vor der Basilika di Sant’Antonio einen Aperitivo zelebrierst, die weißen ruhmreichen Statuen am Prato della Valle besichtigst um auf den Treppen einer der größten Kirchen der Welt, der Basilika Santa Giustina unerwartet einen imponierenden Sonnenuntergang erlebst, in einer sonst belebten Universitätsstadt, doch jetzt fast einsam, wirst du Padua nie wieder vergessen.
Auf unbekannt uralten rosa Marmorböden schlendern, stimmungsvolle Opernklänge auf dem umtriebigen Platz vor der Arena hören, die zerbrechliche Stärke dieses Bauwerks spüren, Shakespeare´s Julia auf den Busen fassen und ihr aufgeregt einen Brief mit den großen Fragen der Liebe schreiben (ja sie wird antworten, ich glaube daran), in romantischer Euphorie an Leonardo di Caprio denkend am Balkon der Capulets den Glauben an die Liebe wieder entdecken, von der Dachterasse deiner Unterkunft aus den atemberaubenden Ausblick über diese sagenumwobene Stadt mit erfreulichem Lichtspektakel über der Arena, deiner Freude juchzend Ausdruck verleihen (in Begleitung einer festen Umarmung) - das ist Verona.
Mit großen Augen in sprachloser Bewunderung minutenlang davor stehen, um dieses unbeschreibliche Bauwerk des Doms fassen zu können, über eine schwindelerregende Treppe die Domkuppel erklimmen, um nach dem atemberaubenden (im wahrsten Sinne des Wortes) Anblick der unfassbar eindrucksvollen Gewölbemalerei und der Höhe bzw. Tiefe der Kuppel die Treppe wieder hinabzusteigen (dieser Weg zurück ist nur für panische Bewunderinnen). Auch hier darf ein magisches Ritual nicht fehlen, also dem Wildschwein „Fontana del Porcellino“ auf die Nase fassen und auf bezauberndes Glück hoffen, die Besonderheit der Ponte Vecchio beim Überqueren des Arno fotografieren, den nackten David kindisch belächeln, hochachtungsvoll Bier unter Dantes Augen vor der Basilika di Santa Croce, in der sich so ziemlich alle Grabmäler bekannter Italiener (Machiavelli, Michelangelo, Galileo Galilei) befinden, trinken (ein formidabler Platz um den Abend ausklingen zu lassen) - Florenz.
Über die Via dell’Indipendenza durch ihre glanzvollen Arkaden zum
Piazza Maggioro spazieren, den Dom nicht betreten dürfen, weil
Sommerkleider keinen Zutritt haben (aber bauchfreie Kleider schon,
Gott hasst Schultern), hausgemachte Salami in einem der überfüllten
Lokale mit diesen entzückenden, überaus sympathischen jungen Kellnern
genießen, respektvoll die Gemäuer der ältesten Universität Europas
erkunden, kurz in die Welt einer italienischen Studentin eintauchen
und einen Espresso im Univiertel, umgeben von wissbegierigen jungen
Leuten, trinken (okay ich gebe es zu, wir haben ein Bier getrunken,
okay 1 Liter Bier, weil es so günstig war und heiß und voll Uni-Style
im Plastik Messbecher, never too old to rock), hungrig
traditionsreiche Tortellini essen - Bologna.
Italien hat mein Leben sehr bereichert! Es bietet so viel und ich
liebe das spezielle Flair dieses Landes (und das Essen und den
Prosecco nicht zu vergessen, si si si). Und diese Herrlichkeit nur
einen Roadtrip im Lieblings-Mini-Cooper mit der Freundin entfernt.
Ich bin froh, dass ich die Grenze überquert habe. Diese Vielfalt hat
mich aus der Enge befreit. Ich möchte das Reisen nicht missen und
freue mich auf neue Abenteuer!
Euch wünsche ich die Abenteuer, die Euer Leben bereichern und
unvergesslich bleiben.
by
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