Ich bin eine Grazerin von Geburt an (die Störchin hat mich dumbomäßig im LKH abgesetzt, original durch die Wolke geplumpst) und habe meine Lieblingsstadt nie verlassen. Frau könnte nun davon ausgehen, dass ich somit jeden Winkel und jede Ecke dieser Stadt kenne, aber es ist wahrlich verwunderlich, dass dem nicht so ist. Frau wächst in einer bestimmten Bubble auf (meine schillert wunderprächtig in pastelligen Regenbogenfarben) und bewegt sich dann gemütlich darin, a la Komfortzonen-Flashmob. Darum ist es um so interessanter, wenn frau sich mitunter das Touristinnenkostüm überwirft und auf Erkundungstour geht.
Dies habe ich gemacht und mich mit Graz Tourismus und Austria Guides auf die Reise ins Griesviertel begeben. Dieses Viertel von Graz hat ja den Ruf des „Rotlicht-Viertels“, weil es früher tatsächlich so war, stadtentwicklungsgeschichtlich begründet (wie ich erfahren durfte). Darum ein Viertel, das auch heutzutage leider weiterhin eher gemieden wird und diverse Aktionen der Stadt, dies zu verändern, leider nicht gut angenommen werden. Daher auch das Interesse, mir diesen Teil von Graz mal genauer anzusehen und mehr darüber zu erfahren.
Treffpunkt des Rundgangs war das wunderschön gediegene alt ehrwürdige Hotel Weitzer. Sybille, unser Austria Guide, hat uns herzlichst empfangen und ich wusste sofort, dass sie ein Hit ist und die nächsten Stunden amüsant werden: kompetentes Fachwissen und Eloquenz verpackt in charmante Extroversion mit dem richtigen Tupfen Extravaganz obendrauf. Was gibt es nun im Griesviertel zu entdecken: junge, motivierte Kleinunternehmerinnen mit Leidenschaft und einer Message hinter ihrem Geschäft. Wie z.B.: Lemur, ein exklusives Radgeschäft (wenn ich es so laienhaft salopp beschreiben darf, obwohl das Konzept dahinter so viel mehr ist, es sei mir verziehen) befindet sich in einem genialen Innenhof mit Garten, der einen Besuch wert ist.
Weiters ein Harmonikazentrum, (noch nie davon gehört) welches trotz seiner Kleinräumigkeit ein Museum bietet und Platz für Konzerte und Kurse - extraordinary würd ich mal behaupten. Und daneben gleich das „Café Vergissmeinnicht“ mit einer verwunschenen Terrasse obendrauf, die die Galerie eines Künstlers ist.
„Die Beate“ lädt Whiskey-Liebhaberinnen ein, im spartanischen Ambiente ihrer Lust zu frönen. Die Mischung von Besonderheiten lässt sich bereits erahnen und ist auch das Spezielle an diesem Viertel.
Menschen verschiedenster Kulturen wohnen in diesem Viertel und verleihen ihm dieses multikulturelle Flair, aber „zum Griesbäcker“ ist ein wunderschönes altes Hause (renoviert) als Sinnbild alter Traditionen (leider wird es nicht mehr betrieben). Es gibt viele Geschichten, überraschende unentdeckte Ecken, hervorragend erfrischend präsentiert von Sybille, die uns charmant durch das Viertel schleust. Dank ihres immensen Wissensschatzes achten wir nicht auf die Zeit und genießen die neuen Einblicke und Eindrücke. Ein Highlight ist auf jeden Fall die „Welsche Kirche“. Unglaublich wie oft ich an der schon vorbeigefahren bin, aber sie nicht beachtet habe. In Graz spürt und sieht frau immer wieder den italienischen Einfluss (den ich so sehr liebe), so auch in dieser Kirche, benannt nach den Italienern, die auch „die Welschen“ genannt wurden (wurde von Joseph Carlone gebaut). Schaut hinein, ihr werdet euch nach Italien verreist fühlen.
Begleitet werden wir laufend von tollen Graffitis, die hier künstlerisch wertgeschätzt und erwünscht werden. Eine unterschätzte Kunst, die, wenn sie Raum bekommt, staunen macht. Eine weitere unentdeckte Besonderheit, versteckt in einem Hinterhof (Brückenkopfgasse 7) ist ein weißer Maulbeerbaum. Unter Denkmalschutz steht der älteste Baum der Stadt (ca. 250 Jahre alt), er wurde gesetzt, weil man Seidenraupen ansiedeln wollte (what ? so cool). Also ehrlich, ich bin beeindruckt und überwältigt.
Graz wirkt vielleicht klein und unscheinbar, dabei ist es unglaublich, welche Szenen und Geschichten sich hier schon abgespielt haben, wir müssen nur den Relikten lauschen, die uns heute noch davon erzählen möchten.
Kulinarisch wurden wir im „Sultan`s Speeds & Coffee“ verführt. Hier
gibt es himmlisch orientalische, süße Leckereien (nicht picksüß,
sondern genau richtig) durch die frau sich durchkosten kann oder auch
perfekt zum Mitnehmen für eine Naschorgie im trauten Heim. Ich komme
jedenfalls wieder. Unseren Abschluss begehen wir bei Bier und vom Chef
höchstpersönlich selbstgekochtem Chilli con Carne im Club Wakuum.
Wieder eine Initiative mit großen Idealen, viel Herz und Engagement
für junge Newcomerinnen Bands, Solokünstlerinnen und
Singer-Songwriterinnen. Wir durften auch einen Auftritt miterleben und
ich war berührt und ergriffen von der Leidenschaft, dem Talent, der
Begeisterung und dem Herzblut der Künstlerinnen und Zuseherinnen. Ein
Ort des Empowerments pur!
Ich kann euch nur empfehlen: geht auf Entdeckungsreise! Es ist
beeindruckend wieviel Neues es zu erfahren gibt - ich fühlte mich
danach bereichert und energiegeladen wie nach einem Städtetrip.
Schafft euch Möglichkeiten, um zu staunen!
Stay tuned!
by
aheadfullofglitter
Eure Konfettis...
by Simone: wieder so ein mitreissender herrlich bunter und witziger beitrag! Und immer so erfrischend. Einzigartiger Schreibstil.