Manchmal verliere ich mich in anderen. Anpassungsfähigkeit in Perfektion,
könnte frau es auch nennen. Oder kurzzeitiger, phasenweiser Identitätsverlust
zugunsten der Bedürfnisse und Ansprüche anderer.
Vor allem in Datingphasen beobachte ich dieses Phänomen hin und wieder bei mir.
In der Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit eines anderen,
und da lernt frau ja wirklich die unterschiedlichsten Lebenswelten kennen,
neige ich aus überbordendem, entdeckungswütigem Interesse an meinem neuen
Gegenüber dazu, voll einzutauchen ins Unbekannte.
Die Faszination „unerforschter Welten“ verführt mich dazu,
mich selbst zurückzunehmen und eigene Interessen als uninteressant,
eigene Stärken als schwach,
eigene Talente als wertlos zu erachten.
Durch das Beeindrucktsein von der Neuartigkeit anderer Lebensweisen
und der Begeisterungsfähigkeit für sich auftuende Möglichkeiten durch und
im Kontakt mit dem anderen fühle ich mich selbst wie ein weißes Blatt Papier.
Auf der einen Seite ready, um beschrieben zu werden mit prickelnden
Erlebnissen und kribbelnden Erfahrungen, auf der anderen Seite,
wenn man das Blatt über Kerzenlicht hält (weil dann die Zauberschrift
sichtbar wird tata), bereits beschrieben mit großartigen Geschichten
und reich an Schätzen der Lebenserfahrung, aber verborgen,
um offen und neugierig zu bleiben, trotz der Story of my Life.
Doch dabei verliere ich dann den Kontakt zu mir, meiner Intuition,
meinem Körper, meinen Bedürfnissen, meinen Wünschen, meinen Gefühlen…
Stehe sinnbildlich neben mir und nehme wahr, dass ich mich von mir
entferne und mit Lichtgeschwindigkeit ins fremde, viel zu weit entfernte
Lebensall des anderen schieße.
Galaktischer Selbstverlust einfach mal so! (tusch = Visualisierung des
Katastrophen begleitenden „ins All schießen“-Geräuschs).
Wie ein Heliumballon am Himmel taumelnd,
den Kontakt zum Boden des Selbst verlassend,
haltlos, unsicher.
Anpassungsfähigkeit hat ja auch ihre Vorteile, um in unterschiedlichsten
sozialen Settings überleben zu können. Und sich in neuen Situationen in eine
beobachtende Rolle zu begeben, um für sich eine Einschätzung treffen zu können,
ist eine durchaus
adäquate und hilfreiche Strategie. Wie es aber meistens so ist, ist die extreme
Ausführung von etwas mit Risiken verbunden. Wie es aber auch oft so ist mit
Überlebensstrategien, wird selten bewusst darauf
zurückgegriffen, sondern sie aktivieren sich ohne zu fragen,
aufdringlich und hemmungslos.
Dank reflexiver Fähigkeiten gelangen nach derartigen non-profit Aktionen
diese fiesen Mechanismen mehr ins Bewusstsein.
Dann wird unter stummen Hilfeschreien das Elbseil der Galadriel ausgeworfen,
um im Heißluftballon der Selbstfürsorge nicht in Oz sondern wieder im eigenen
Wunderland sanft aufzuklatschen (pflatsch = Visualisierung der die
Rettungslandung begleitenden Akustik).
Manchmal war der Ausflug nur kurz und ich finde mich schnell wieder
zurecht im eigenen wohligen Wunderland. Das Kopfkonfetti eingesammelt
und ins Selbst-Sackerl liebevoll zurückgepackt. Das Helium rausgelassen
und die eigene Persönlichkeit wieder voll inhaliert.
Manchmal finde ich den Weg zurück nur nach Überwindung von Rätseln der Reflexion
und Hindernissen eigener Gedanken.
Dann hat der Heimflug kurz
durch Oz geführt und verwirrende, anstrengende Sturzflüge mit sich gebracht
(niemand sucht sich freiwillig die Sturzflug-Variante aus aber ein kurzer
Zirkusbesuch kann durchaus inspirierend sein).
Doch das Wichtigste dabei: Zurückkommen zu sich selbst, immer wieder!
Dann ist alles gut, denn da ist alles gut! Bei sich selbst!
Und nicht streng zu sich sein, wenn mal das Helium kommt und dich mitreißt
in das Lebensall anderer. Helium einsaugen, mit Mickey-Mouse-Stimme lauthals
singen, in Oz ein wenig Verwirrung stiften, neue Eindrücke einpacken und ab
die Post wieder im Wunderland aufklatschen.
Und ab und an komme ich ein zartes Funkelfünkchen anders zurück,
kaum merkbar vielleicht aber doch wesentlich.
Guten Flug euch Lieben!
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